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Schachbundesliga: Bad Mergentheim erreicht Minimalziel

Bad Mergentheim. Im Sonntagsspiel des Heim-Wochenendes galt es für die Strategen aus dem Taubertal gegen den Mitaufsteiger SV Deggendorf endlich mal wieder zu punkten. Voraussetzung, dieses Ziel zu erreichen, war zunächst, die herbe 2,5:5,5 Niederlage vom Vortag gegen den FC Bayern München aus den Köpfen zu bekommen. Nach der mittlerweile dritten Niederlage in Folge war dies sicher keine einfache Aufgabe, zumal Spielführer Johannes Raps bei Betrachten der Mannschaftsaufstellungen – Deggendorf trat erneut mit acht Großmeistern an – schnell klar war, dass es auch am Sonntag nicht einfach werden wird.

Die Begegnung begann zunächst mit respektvollem Abtasten. Der Achter aus der Kurstadt zeigte sich, getragen von der tollen Atmosphäre im Gemeindesaal Löffelstelzen, vom Misserfolg am Samstag ganz gut erholt.

Die ersten Entscheidungen in diesem ausgeglichenen Duell ließen nicht lange auf sich warten. In der Partie des Bad Mergentheimer Großmeisters Tomas Laurusas gegen den indischen GM Sankalp Gupta (Brett zwei) ergab sich eine Zugwiederholung, der keiner der beiden auswich, so dass die Partie remis endete. Auch die Begegnung an Brett sechs zwischen GM Vyacheslav Ikonnikov und GM Aleksander Delchev verflachte zügig, so dass der Friedensschluss die logische Konsequenz war.

An Brett acht hatte es Lokalmatador Alexander Gasthofer mit dem erfahren GM Nikola Sedlak zu tun. Der Internationale Meister aus Bad Mergentheim konnte mit seinem gewohnt zuverlässigen Spiel einmal mehr sämtliche Bemühungen seines Gegners egalisieren und blieb auch in seiner vierten Partie in dieser Saison ungeschlagen.

Routinier GM Petr Neuman (Brett sieben) hatte da schon mehr Mühe. Nach guter Eröffnung konterte sein Gegenüber GM Dusan Popovic geschickt und eroberte einen Bauern. Glücklicherweise gelang es dem tschechischen Großmeister dank seiner Routine, in dieser nachteiligen Partie das Remis zu sichern.

Beim Stand von 2:2 sah es für die Schachfreunde in den noch laufenden vier Partien durchaus vielversprechend aus. Insbesondere an Brett vier, an dem beide Kontrahenten hohes Risiko gingen, schien die Partie zugunsten der Heimmannschaft zu kippen. In einer taktisch geprägten Partie bekam IM Fy Rakotomaharo mit einem Qualitätsopfer plötzlich Oberwasser und stellte seinen Gegner GM Martin Petrov vor immer größere Probleme. Der aus Madagaskar stammende Internationalen Meister krönte seine bisher beste Saisonleistung mit einem vollen Punkt und brachte die Heimmannschaft mit 3:2 in Führung.

Unter den Mitspielern und dem Bad Mergentheimer Anhang machte sich Optimismus breit, ein Heimsieg in der Bundesliga schien zum Greifen nah. Diese Freude währte allerdings nicht lange. An Brett fünf hatte IM Timothé Razafindratsima eine scheinbar völlig ausgeglichene Stellung. Als viele schon mit einem Remis rechneten, überraschte GM Boban Bogosavljevic mit einem Bauernopfer, das die Stellung zu Gunsten des Deggendorfers öffnete. Dieser ließ sich den Vorteil nicht mehr nehmen. Wenig später musste der Junioren-Europameister seine erste Saisonniederlage quittieren.

Für die erneute Bad Mergentheimer Führung sorgte dann einmal mehr GM Valeriy Kazakovskiy (Brett eins). Nach einer frustrierenden Niederlage am Samstag zeigte der 24-Jährige gegen Deggendorf zur Freude der Mitspieler sein „altes“ Gesicht. In einer überzeugenden Angriffspartie demonstrierte er zum Leidwesen seines Gegenübers - kein Geringerer als GM Sunilduth Lyna Narayanan (Weltrangliste Platz 97) - die Überlegenheit des Läuferpaars. Zwar war der junge Inder stets auf der Suche nach Gegenspiel. Seine Bemühungen kamen allerdings zu spät, der fortschreitende weiße Freibauer war einfach nicht mehr zu stoppen. Die Umwandlung in eine Dame entschied die Partie zu Gunsten des Bad Mergentheimers.

Beim Stand von 4:3 für die Heimmannschaft lag es nun an Neuzugang GM Paulius Pultinevicius, mit einem halben Punkt den Mannschaftssieg sicherzustellen. Dieser war allerdings bereits im Mittelspiel in Nachteil geraten und fand sich in einem schwer zu verteidigenden Endspiel mit Turm gegen Springer und Läufer wieder. Dass es ausgerechnet gegen den frisch gebackenen Europameister GM Aleksandar Indjic ging, machte die Sache nicht einfacher.

Schlussendlich war der Druck, mit 30 Sekunden pro Zug – man befand sich mittlerweile in der Blitzphase der Partie – immer genau den richtigen Verteidigungszug zu finden, zu groß, so dass der litauische Großmeister im 88. Zug aufgeben musste.

Der 4:4 Endstand war unter dem Strich leistungsgerecht. Bei zweimaliger Führung lagen die Siegchancen sicherlich eher auf Seiten der Kurstädter, was gegen eine derart starke Deggendorfer Mannschaft aller Ehren wert ist.

Geht es nach dem Urteil vielen Spieler und Gäste, waren die Spielbedingungen und die Organisation auf jeden Fall bundesligareif. Möglich wurde dieses tolle Schach-Event durch den unermüdliche Einsatz des SV Löffelstelzen, dem ein ganz besonderer Dank gebührt. Mit einem eingespielten Team wurde das Bundesliga-Wochenende bis ins Detail vorbereitet und der Plan an den Spieltagen von früh bis spät in die Tat umgesetzt. Die uneingeschränkte Unterstützung durch das schachbegeisterte Dorf, allen voran Ortsvorsteher Rainer Blank, tat ihr Übriges.

Wer Lust auf mehr Bundesliga-Schach in Bad Mergentheim bekommen hat, dem bietet sich am 22./23. März die nächste Gelegenheit, wenn es erneut im Gemeindesaal Löffelstelzen gegen die SG Solingen, Gründungsmitglied der Schachbundesliga, sowie Meisterschaftsfavorit Düsseldorfer SK geht.

Sportlich können die Schachfreunde Anderssen mit dem an diesem Wochenende erreichten Minimalziel ganz gut leben. Der eine Mannschaftspunkt genügte, um Tabellenplatz 10 zu halten und den Abstand von 2 Punkten auf die Abstiegsränge zu wahren.

Bei der Mannschaft sorgten die vielen positiven Eindrücke während des Heim-Events für eine extra Portion Motivation, alles daran zu setzen, auch in der kommenden Saison wieder erstklassig zu spielen. Diese nehmen die Schachfreunde gerne mit nach Bremen, wenn es dort am 1. und 2. Februar mit dem SV Mülheim Nord und dem ausrichtenden SK Kirchweyhe gegen zwei Gegner aus dem unteren Tabellendrittel geht.

24.01.2025